Juni 1

Eine schöne Tradition findet sich zuweilen am Niederrhein um den 6 Dezember, wenn ein rotummantelter Gesell mit einem langen weißen Bart, einer schweren Mütze, einem noch schwereren, dicken Buch und einem langen Stab durch die Lande zieht und den Kleinsten unserer Gesellschaft einen Besuch abstattet. Begleitet wird er von einem verhüllten Engel und einem doch recht irdisch aussehenden Feuerwehrmann. Obwohl erst im zweiten Jahr dabei aktiv habe ich doch einige Dinge erlebt über die es sich lohnt nachzudenken.

Eine scheinbar ebenso lange Tradition scheint es dabei zu sein, den Kleinsten ihr allerliebstes Stück – den Schnuller  oder die Trinkflasche – durch den Nikolaus wegnehmen zu lassen. Da fragt dann auch schon einmal ein Vater sein zweijähriges Kind, ob der Nikolaus den Schnuller wegnehmen darf. Dabei fällt es niemanden auf einmal über dieses Verhalten nachzudenken. Es wird von einem Kleinkind verlangt, über diese weitreichende Entscheidung nachzudenken. Dabei sei einmal dahingestellt, dass der Schnuller kein Ersatz für die weibliche Brust darstellt, an der sich das Kind beruhigen kann und auch Nähe finden kann. Doch wenn dieses neuweltliche Instrument menschlicher Bedürfnisbefriedigung in dieser Funktion verwendet wird und bei dem Kind einen entsprechenden Stellenwert einnimmt wird doch folgerichtig die Wegnahme wie ein Diebstahl bewertet. Ist es nicht viel sinnvoller diesen Umbruch langsamer zu vollziehen und vielleicht durch mehr Zuwendung den Verzicht zu erleichtern.

Betrachten wir eimal den reinen Akt des Wegnehmens durch den Nikolaus als solcher, kann bei dem betreffenden Kind nur ein negativer Eindruck entstehen. Es wird Angst geschürt, nur weil Eltern sich nicht mit dem Problem beschäftigen wollen und dieses einfach auf den Nikolaus abwälzen wollen. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach das Problem erst gar nicht entstehen lassen. Die wenigsten Eltern haben sich mal selbstkritisch gefragt, ob den ein Schnuller dringend notwendig ist, denn scheinbar wird auch die Anwendung tradigenetisch vererbt.

 

Dieser Beitrag wurde im September 2006 auf opinio veröffentlicht.